Vechta. Juri*, LKW-Fahrer aus der Ukraine, sucht als erstes in seinen Unterlagen und präsentiert den Bezahlbeleg für den Rasthof, als er an diesem trüben Sonntagmittag zwei Personen mit Warnweste auf sein Fahrzeug zukommen sieht. Aber es sind keine Kontrolleure, die an sein Fahrerhaus klopfen, sondern zwei Frauen von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Vechta St. Georg, die ihm mit ein paar freundlichen Worten eine prall gefüllte Nikolaustüte mit Schokolade, Keksen und anderen Verbrauchsgütern überreichen. Als Geschenk, so versteht er trotz der Sprachschwierigkeiten. Sogleich verwandelt sich seine skeptische Miene in ein frohes Lachen.
Stephan Christ, MdL, mit der KAB unterwegs auf den Autobahnrastplätzen
Solche oder ähnliche Szenen spielen sich am 2. Adventssonntag (10.12.2023) auf Rasthöfen im Oldenburger Münsterland ab - und das viele Male. Denn die KAB ist unterwegs, um mehr als 100 Nikolaustüten mit meist gespendetem Inhalt an die osteuropäischen LKW-Fahrer zu verschenken, die weit weg von zuhause ihr Wochenende auf den Rastplätzen verbringen müssen. Die KAB Löningen ist auf Rastplätzen an der B 213 bei Lastrup unterwegs, die KAB Lohne am Motorpark Lohne und die KAB Vechta St. Georg auf dem Rasthof Bakum-Harme. Mit dem Landtagsabgeordneten Stephan Christ (B90/Grüne) und dem früheren stellvertretenden Offizial Pfarrer Peter Kossen – beide auch Mitglied in der KAB – haben sie prominente Unterstützung bei der Verteilung.
Peter Kossen: LKW-Fahrer nach deutschen Maßgaben fair bezahlen!
Nicht nur im Oldenburger Münsterland wird an diesem Sonntag verteilt. Mitglieder der KAB im ganzen Diözesanverband Münster haben über 1700 Tüten gepackt und verteilen sie an fast 30 Rastplätzen im gesamten Bistum Münster an die Fahrerinnen und Fahrer aus fernen Ländern, als Dankeschön für deren wichtige Arbeit, ohne die auch die deutsche Wirtschaft nicht florieren könnte. Neben dem Dank will die KAB auch auf die schwierigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Betroffenen aufmerksam machen und fordert eine tarifliche Bezahlung oder zumindest den deutschen Mindestlohn. „Es ist nicht einzusehen, dass Fahrer, die in Deutschland für deutsche Auftragsgeber unterwegs sind und deutsche Firmen beliefern, nicht auch nach unseren Maßgaben und fair bezahlt werden“, betont der für seinen Einsatz für ausländische Arbeitnehmer bekannte Pfarrer Kossen.
Monatelang unterwegs und ein Leben im Fahrerhaus
Obwohl die sprachliche Verständigung meist schwierig ist, kommt doch das ein oder andere kurze Gespräch zustande. So erfährt Karl-Heinz Böckmann aus Lohne, Sprecher des KAB Landesverbands Oldenburg, dass Timur* aus Usbekistan schon seit drei Monaten in Deutschland und den umliegenden Ländern unterwegs ist und noch nicht weiß, wann er wieder nachhause kommen wird. Weihnachten wird es wohl nichts. Andere sind schon ein halbes Jahr weg von zuhause. Sie leben in ihrem Fahrerhaus und auf den Rastplätzen, versorgen sich so gut es geht mit mitgebrachten Konserven, die sie sich in Deutschland kaum leisten könnten. So treffen die Helferinnen und Helfer auf große Dankbarkeit für die Gaben und insbesondere wohl auch die Wertschätzung. Sogar die eine oder andere Träne wird verdrückt.
1700 Tüten – 26 Gruppen – über 30 Rastplätze. Ein Dank.
„Nikolaus im Fahrerhaus“ ist eine bistumsweite Aktion der KAB im Bistum Münster. Unzählige Ehrenamtliche packten 1700 Nikolaustüten mit Schokolade, Plätzchen, Obst, Hygieneartikeln und einer Dankeskarte. 26 Gruppen, Ortsvereine und Einzelpersonen verschenkten auf über 30 Rastplätzen und Autohöfen diese Tüten.
„Ohne unsere engagierten Ehrenamtlichen wäre eine Aktion in dieser Größenordnung niemals möglich“, lobt Hermann Hölscheidt, Diözesansekretär. Der Dank der gesamten Diözesanleitung geht an alle Beteiligten aus allen Bezirksverbänden und dem Landesverband Oldenburg.
*Namen geändert
Text/Foto: Stephan Eisenbart, KAB
12.12.2023
