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KAB Diözesanverband Münster

Ehrenamtliche Richterinnen

Ehrenamtliche Richterinnen mit anderem Blick

Münster. Regina Roßhoff bringt es auf den Punkt: „Man muss sich nicht wundern, wenn Anträge in die Binsen gehen. Der Mensch versteht die Amtssprache nicht mehr und weiß nicht, wie das Formular richtig auszufüllen ist“, empört sich die ehrenamtliche Richterin der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) aus dem Diözesanverband Münster. „Ein Kreuz beim Antrag auf Arbeitslosengeld falsch gesetzt, kann fatale Auswirkungen haben und dazu führen, dass die staatliche Unterstützung geringer ausfällt, als es der Person eigentlich zusteht. Und dann geht’s vor Gericht.“

Deutsche Arbeits- und Sozialgerichte sind bestens beschäftigt mit unzähligen Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Behörden und Beziehern von Sozialleistungen. Roßhoff und ihre KAB-Kolleginnen Monika Thies und Roswitha Meiers vertreten dabei als ehrenamtliche Richterinnen die Arbeitnehmerseite und unterstützen mit dem ehrenamtlichen Vertreter der Arbeitgeberseite den hauptberuflichen Richter bei der Rechtsprechung.

Erfahrung als Berufstätige einbringen


„Ich habe nicht studiert, sondern versuche, aus meiner Erfahrung als Berufstätige heraus einen anderen Blickwinkel in den Entscheidungsprozess mit hineinzubringen“, erklärt Monika Thies ihren Ansatz zur Urteilsfindung. „Eben nicht die Sicht der Gesetze und des Jurastudiums, sondern den aus dem Leben und Beruf heraus.“ Sie ist gelernte Reno-Gehilfin und arbeitet, wie auch Roßhoff und Meiers als Verwaltungsmitarbeiterin im KAB-Diözesanbüro in Münster.

„Was würdest du mit deinem normalen Menschenverstand dazu sagen?“, fragt sie sich, wenn es in die Urteilsfindung geht. „Wir sind näher am Menschen dran und nehmen ihn als Ganzes wahr“, ergänzt Roßhoff. „Nichts desto trotz ist es nicht falsch, Ahnung von der Materie zu haben, um dem Ganzen überhaupt folgen zu können“, wendet Meiers ein. Denn die Schriftsätze seien in einer juristischen Fachsprache verfasst. „Die muss man erst einmal verstehen.“

Unabhängig und unparteiisch

Denn verhandelt wird alles, was das Arbeitsverhältnis hergibt: Kündigungsrecht, Anwendung von Tarifverträgen und deren Umsetzung, Einklagen von ausstehenden Zahlungen, Zeugnisformulierungen und Vergütung von Überstunden, um nur ein paar Felder zu nennen. „Unsere Aufgabe besteht darin an der Rechtsprechung mitzuwirken. Dabei sind wir unabhängig und unparteiisch.“, bringt Meiers die Aufgabe der ehrenamtlichen Arbeits-Richterinnen auf den Punkt. Nach der Anhörung vor Gericht ziehen sich die drei Richter zur Beratung zurück. „Wir streben dabei schon eine gütliche Einigung an.“

Und von wegen: Ehrenamt gleich keine Macht. „Zusammen mit dem Vertreter der Arbeitgeberseite können wir den vorsitzenden Richter auch überstimmen“, ergänzt Thies. „Das sei bisher aber noch nicht vorgekommen.“

34 Richter auf Vorschlag der KAB

Derzeit gibt es im Bistum Münster 20 Arbeitsrichter und 14 Sozialrichter, die sich auf Vorschlag der KAB ehrenamtlich engagieren. „Es wurden Leute gesucht, die diese Arbeit übernehmen wollen und so wurde ich gefragt, ob ich nicht Lust dazu hätte“, erklärt Meiers, wie sie zu diesem Ehrenamt gekommen ist. Denn eigentlich ist sie Industrie- und Personalkauffrau und arbeitet im Bildungswerk der KAB, plant und organisiert Veranstaltungen. Das ist auch gut so, denn es gibt eine Grundvoraussetzung, um ehrenamtlich als Richter oder Richterin tätig zu werden: „Du musst berufstätig sein und es machen wollen.“ Und Meiers wollte, wie auch Thies und Roßhoff. Dabei gilt die Voraussetzung der Berufstätigkeit nicht für das Ehrenamt beim Sozialgericht.

Alle fünf Jahre schlägt die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer-Organisationen (ACA), der neben der KAB auch das Kolpingwerk und der Bundesverband Evangelischer Arbeitnehmer-organisationen angehören der Landesjustizbehörde in Düsseldorf Freiwillige vor, die diese dann ernennt. „Mit der Ernennungsurkunde ist man dann für fünf Jahre ins Amt bestellt“, erläutert Roßhoff, die hauptamtlich den Reisedienst der KAB leitet, das weitere Prozedere. Im Rahmen eines Sozialen Seminars der KAB – heute Politischer Grundkurs genannt – wurde sie fit gemacht für den Job als ehrenamtliche Richterin.

KAB legt Finger in die Wunde


Mehrmals im Jahr flattert ein Brief mit einer Einladung ins Postfach. Unterlagen gibt es vorweg keine. Die Ehrenamtlichen wissen vorher nicht, was sie erwartet. „Der vorsitzende Richter lädt aber vor der Verhandlung die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in den Beratungsraum und hält einen Sachvortag, in dem wir erfahren, um was es in der Verhandlung geht“, so Meiers. „Das finde ich wichtig, denn sonst wüsste ich gar nicht, was mich im Sitzungssaal erwartet.“ Und es sei gut, dass man im Vorfeld nicht unter Aktenbergen versinke, da alle ja auch Vollzeit arbeiten würden.

„Die Arbeit als Sozialrichterin ist vielseitig und interessant“, freut sich Thies über ihr Ehrenamt, das man auch als eine Verlängerung ihres Jobs verstehen kann. Das Selbstverständnis ist ähnlich: „Ich mag es, wie die KAB inhaltlich arbeitet. Sie legt gerne den Finger in die Wunde, und zwar da, wo es wehtut. Sie ist das soziale Gewissen.“ Und Thies hat Spaß, daran mitzuwirken.

Es ist gut zu wissen, dass es ehrenamtliche Richterinnen gibt, die bei der Urteilsfindung mit dem Herzen dabei sind, statt nur mit den Paragraphen.


Text/Foto: Jürgen Flatken
04.12.2018

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