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KAB Diözesanverband Münster

„Schlechte Arbeit fällt nicht vom Himmel“

Haltern am See. Nur noch jede*r zweite Beschäftigte in Deutschland erhält heute noch Lohn nach Tarif. Fast 50 Prozent der Arbeitnehmer*innen bekommen einen Lohn, der einseitig vom Unternehmen festgesetzt wird. „Geht es so weiter, sind es in zehn Jahren nur noch ein Drittel aller Beschäftigten, die nach Tarif bezahlt werden“, prognostiziert Prof. Dr. Gerhard Bosch von der Universität Duisburg-Essen und warnt: „Wir verlieren die soziale Mitte.“

Mit Prof. Dr. Franz Segbers von der Universität Marburg und Prof. Dr. Gerhard Bosch von der Universität Duisburg-Essen diskutierten die Teilnehmenden der Online Veranstaltung „Würdige Arbeit“, wie gute und existenzsichernde Arbeit aussieht und wie diese politisch und gesellschaftlich erreicht werden kann. Eingeladen hatten das Bündnis aus KönzgenHaus in Haltern am See, das Halterner Forum für Demokratie, Respekt und Vielfalt und die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB).

Prekäre Arbeitsbedingungen fielen nicht vom Himmel, sagte Dr. Franz Segbers, vielmehr sei schlechte Arbeit politisch gewollt und eine Folge des Neokapitalismus. Die Hinnahme von „unwürdiger Arbeit“ ist nach Segbers, „Ausdruck der Verachtung an den Menschenrechten“.

Gerhard Bosch prangerte an, dass sich in den vergangenen Jahren immer mehr und mehr Unternehmen still und heimlich vom deutschen Sozialstaat verabschiedet hätten: Tätigkeiten werden in günstigere Subunternehmen ausgelagert, Tarifverträge und Gewerkschaften seien nicht mehr gewollt, Betriebsratsgründungen und Mitbestimmung verhindert. Allgemeinverbindliche Tarifverträge seien unbedingt nötig, um diesen Trend aufzuhalten. „Es ist unsere Aufgabe“, so fordert er auch die Politik auf, „ein System herzustellen, dass die würdige Arbeit sichert.“

„Arbeit muss wieder Vorrang haben vor dem Kapital!“ Diese alte Forderung der katholischen Soziallehre will der evangelische Theologe Segbers wieder in den Fokus rücken. „Wir hatten mal bessere Bedingungen“, erinnert er „die sind verschlechtert worden. Jetzt müssen wir Terrain zurückgewinnen.“ In der Pflicht: Gewerkschaften und Sozialverbände, so der Konsens des Abends. Diese müssten als „Aussäer“ fungieren und eine Debatte darüber führen, wie ein gerechtes Wirtschafts- und Arbeitsmodell aussehen kann.

Der heftige Sinkflug der Gewerkschafts-Mitgliedszahlen in den vergangenen zwanzig Jahren sei immerhin gestoppt, so Diskussionsteilnehmer und Gewerkschaftler Mark Rosendahl; jetzt müsse man wieder und weiter genau da ansetzen, wo es beispielsweise „Fridays For Future“ gezeigt hätte: „Soziale Bewegung ist ein wichtiger Motor, ohne ändert sich einfach gar nichts!“

„Schlechte Arbeit wird gemacht“, ist das Fazit der beiden Moderatoren*in Prof. Dr. Werner Nienhüser von der Universität Duisburg-Essen und Ortrud Harhues, Leiterin des KAB-Bildungswerkes Münster. „Alles, was von Menschen gemacht wird, ist auch veränderbar“, so Harhues weiter. „Wir sind noch lange nicht fertig mit diesem Thema und dem Nachdenken darüber.“ Deshalb plant das Bündnis eine weitere Reihe von Veranstaltungen rund um das Thema „Würdige Arbeit“, bei denen es vor allem um Handlungsansätze und Handlungsschritte hin zu mehr guter Arbeit gehen wird.

Der Abend mit Professor Dr. Bosch und Professor Dr. Segbers ist hier zu sehen: https://youtu.be/Ro9BtWHmY6g

Dass noch viel Diskussionsbedarf, aber auch viel Wille zur Veränderung besteht, verdeutlicht übrigens auch die inhaltliche Ausrichtung der KAB Bundesdelegiertenversammlung 2021, die am vergangenen Wochenende (20. Juni 2021) den Leitantrag „Für ein christliches Miteinander in der Arbeitswelt! WERTvoll arbeiten – menschenwürdig statt prekär“ diskutiert und mit großer Mehrheit verabschiedet hat.

Mehr dazu hier: www.kab.de/startseite/bundesdelegiertenversammlung/


Text: Sarah Dunkel/ Heike Honauer
Foto: Stephan Eisenbart

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